24.11.2022 - Kategorie "Insolvenzverfahren"

Automobilzulieferer Rüster plant finanzielle Restrukturierung in Eigenverwaltung

Automobilzulieferer Rüster: Insolvenz in Eigenverwaltung

Ziel: Fortführung des Geschäftsbetriebs mit neuer Eigentümerstruktur, die die Finanzierung nachhaltig sichert


Der Tier1/2-Automobilzulieferer Rüster GmbH mit Sitz im schwäbischen Deggingen plant eine finanzielle Restrukturierung in Eigenverwaltung. Das Amtsgericht Göppingen gab gestern einem entsprechenden Antrag nach § 270b Insolvenzordnung (InsO) statt. Ziel ist, den Geschäftsbetrieb in vollem Umfang aufrechtzuerhalten und zu einer Eigentümerstruktur zu gelangen, die die Finanzierung der Gruppe mit einem Jahresumsatz von rund 120 Mio. Euro nachhaltig sichert. Dazu soll zeitnah ein Investorenprozess aufgesetzt werden.


Bei diesem Vorhaben wird Rüster-Geschäftsführer Philip Hertzog durch den Restrukturierungsexperten Christian Stoffler von der Münchner Kanzlei Gerloff Liebler Rechtsanwälte unterstützt. Stoffler tritt als Chief Restructuring Officer (CRO) in die Geschäftsführung ein. Zudem wurde Rechtsanwalt Dr. Christian Schmitt von Gerloff Liebler zum Generalbevollmächtigten ernannt. Stoffler und Schmitt hatten zuletzt 2021 in gleichen Funktionen für den schwäbischen Automobilzulieferer Arlington Group (heute: Thermal Management Group) im Rahmen eines Eigenverwaltungsverfahrens erfolgreich eine nachhaltige Zukunftslösung gefunden und umgesetzt.


Das Gericht bestimmte zum vorläufigen Sachwalter des Verfahrens den in der Automobilbranche erfahrenen Rechtsanwalt Martin Mucha (Kanzlei Grub Brugger, Stuttgart). Das Eigenverwaltungsverfahren ist auf die Sanierung und Fortführung eines Unternehmens ausgerichtet. Die Geschäftsführung bleibt dabei im Amt und wird unter die Aufsicht eines Sachwalters gestellt.


Neue Gruppe mit Liquiditätsproblemen

Rüster beliefert führende Autohersteller und -zulieferer aus dem In- und Ausland mit einer breiten Palette von Produkten zur Schwingungsdämpfung sowie zur Dichtung/Isolierung von Fahrzeugen.

Der Automobilzulieferer ist in seiner heutigen Form erst in den vergangenen eineinhalb Jahren entstanden. Die Rüster GmbH war zum 1. Juli 2021 aus der Insolvenz der früheren Rüster Präzisionstechnik GmbH & Co. KG hervorgegangen. In diesem Jahr tätigte das Unternehmen zwei Akquisitionen, wodurch die Gruppe mittlerweile aus vier Standorten in Deutschland besteht (neben Deggingen sind dies Rehburg in Südniedersachsen, Gedern in Hessen und Lauda im Nordosten Baden-Württembergs). Hinzu kommt ein Standort in Polen.


Durch die Expansion wuchs die Zahl der Mitarbeiter auf rund 630, davon ca. 540 im Inland. Die deutschen Beschäftigten erhalten bis einschließlich Januar 2023 Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit.


Durch eine zu knappe Finanzierung im Zuge der Übernahme, in Kombination mit Prozessverzögerungen bei der Übertragung und Eingliederung der übernommenen Werke sowie durch dramatische Kostensteigerungen, vor allem für Energie, hat das Unternehmen aktuell Liquiditätsprobleme. Da der Gesellschafter Navigator Automotive Alliance, Ulm, keine Möglichkeit sieht, entsprechende Finanzierungen zur Verfügung zu stellen, soll die Gruppe durch den Investorenprozess jetzt auf eine solide finanzielle Basis gestellt werden.


CRO Christian Stoffler: „Die mittelständischen Einheiten der Rüster Gruppe sind bei ihren namhaften Kunden bekannt und geschätzt für gute Technologien und Produkte. Nach dem Neustart 2021 und den erfolgten Firmenkäufen ist die Gruppe grundsätzlich zukunftsfähig aufgestellt und arbeitet operativ nach aktueller Planung profitabel. Das Eigenverwaltungsverfahren bietet nun die Chance, auch die Finanzierungsbasis zu stärken und wetterfest zu machen. Positiv stimmt, dass wichtige Kunden von Rüster signalisiert haben, diesen Prozess unterstützen zu wollen. Wir starten nun kurzfristig in einen aus unserer Sicht vielversprechenden Investorenprozess.“


Unterstützt wird Rüster zudem von einem Sanierungsteam der Kanzlei Eversheds Sutherland unter Führung von Dr. Christian Hilpert und Dr. Anne Deike Riewe. Es wird insbesondere die grenzüberschreitenden Themen und Sachverhalte betreuen und verfügt ebenfalls über eine langjährige Automotive-Erfahrung.


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